02 Oct
02Oct

Der wahre Königsmacher in unserer modernen Welt. Ohne sie wäre Niclas M. wohl heute noch irgendein anonymer Teenager, der in der Fußgängerzone überlegt, ob er sich für die Schule anmelden oder doch lieber die nächste Influencer-Challenge im Netz starten sollte. Aber dann kam die große Erleuchtung: Warum nicht einfach *andere* Menschen anschwärzen und damit berühmt werden? 


Doch halt! Niclas M. wäre nichts ohne die Medien, denn in einer Welt ohne Kameras, Mikrofone und sensationsgeile Redakteure wäre seine Geschichte so irrelevant wie ein Toaster ohne Steckdose. Kein einziger Mensch würde sich für ihn interessieren. Stellen wir uns mal vor, er hätte auf seinem Instagram-Profil nur „Ich schwärze Leute an und werde reich“ gepostet – ohne einen einzigen Bericht, ohne RTL, ohne „Tagesschau Extra“, ohne Klatschmagazine. Niemand hätte auch nur ein einziges Foto mit ihm machen wollen. Vielleicht hätte sogar seine eigene Mutter gefragt: „Niclas, willst du dir nicht vielleicht doch einen richtigen Job suchen?“


Aber nein! Die Medien haben ihren Lieblingsspielball gefunden: einen Jungen, der es geschafft hat, durch pure Dreistigkeit und null Anstrengung Millionen zu machen. *Das* ist die Story, die klickt! Und wie sie klickt! Klick, klick, klick – Millionen User gieren danach, mehr von diesem Wunderkind der Faulheit zu erfahren. Und die Redaktionen freuen sich diebisch über ihre Klickzahlen, als hätten sie gerade den heiligen Gral gefunden. Warum über Pflegekräfte berichten, die sich während der Pandemie den Rücken kaputt gemacht haben? "Gäääähn", das bringt doch keine Klicks. 


Nein, es muss ein Niclas M. sein, der mit einem Glas Orangensaft in der Hand darüber philosophiert, wie er „keinen Finger krumm macht“, während die Kasse klingelt. Es ist fast, als hätte er eine geheime Superkraft entdeckt: das Geldmagnetismus-Syndrom. Und die Medien saugen es gierig auf, denn wer interessiert sich schon für ehrliche Arbeit, wenn man auch über eine lebende Meme-Maschine berichten kann?


Die Medien, die einst aufklärten, uns über das Weltgeschehen informierten und vielleicht – ganz vielleicht – auch mal investigativen Journalismus betrieben, sind längst zu einem Zirkus geworden. Und Niclas M. ist der Superstar in der Manege. Jede Schlagzeile ist ein weiteres Feuerwerk, das die Aufmerksamkeit der Massen auf sich zieht. Und seien wir mal ehrlich: Was wäre die moderne Medienlandschaft ohne so jemanden? Ein bisschen wie ein Burger ohne Pommes. Die Pommes hier sind Niclas M. und der Medien-Burger wäre ohne ihn trocken und langweilig. 


Das Interesse der Medien? Klicks, Baby, Klicks! Es ist ein einfacher Deal: Sie geben der Gesellschaft das, was sie sehen will – und was will die Gesellschaft? Natürlich nicht die schweißtreibende Arbeit eines Altenpflegers oder die psychische Belastung einer Lehrerin. Nein, die Gesellschaft will Spektakel, sie will das Unmögliche: ein Typ, der nicht arbeitet und trotzdem Kohle macht, der in Talkshows sitzt und über seinen Nichtstun philosophiert. Das verkauft sich einfach besser als jede Realität, die wir uns eingestehen müssten.


Und damit schließt sich der schreckliche Kreislauf: Die Medien füttern die Menschen mit der Geschichte von Niclas M., und die Menschen, gefesselt von der Idee, dass *sie* auch irgendwann ohne Arbeit reich werden könnten, klicken, teilen und diskutieren. Jeder redet drüber, jeder will's wissen. Und was bleibt am Ende? Noch mehr Berichte über Niclas M., noch mehr Klicks, noch mehr Geld für ihn – und für die Medien. 


Ein schier endloser Kreislauf, bei dem wir uns fragen müssen: Sind wir als Gesellschaft nicht vielleicht ein bisschen mitschuldig daran, dass solche Geschichten so groß werden? Ach, was soll’s – das nächste große Thema kommt bestimmt. Vielleicht ein anderer Held, der seine Millionen verdient, indem er Bleistifte anschaut oder im Schlaf atmet. Solange es Klicks bringt, sind wir alle dabei.


Foto: RND

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