Temptation Island – der Olymp der zwischenmenschlichen Abgründe und das ultimative Trainingslager für all jene, die ihre moralischen Prinzipien irgendwo zwischen dem Schnitzelbuffet und der Happy Hour verloren haben. Diese RTL-Reality-Show ist der Beweis, dass es tatsächlich möglich ist, das Konzept von „Trash“ noch weiter auszubauen. Denn hier geht es nicht nur darum, Menschen beim allmählichen Verlust ihrer Würde zuzusehen, sondern auch darum, dies unter paradiesischen Bedingungen zu tun. „Paradiesisch“ übrigens in Anführungszeichen, denn der wahre Garten Eden liegt wahrscheinlich nicht irgendwo auf den Malediven, sondern eher in der gut sortierten Cocktailbar direkt nebenan.
Die Teilnehmer: Aristokraten der Apokalypse
Um bei "Temptation Island" mitmachen zu können, braucht es keine besonderen Fähigkeiten oder Talente – das wäre ja noch schöner! Stattdessen sollten die Kandidaten vor allem zwei Dinge im Gepäck haben: ein gut geöltes Ego und einen festen Glauben an die Unzerstörbarkeit ihrer Beziehung. Letzteres ist in etwa so naiv wie der Glaube, dass der Toast immer mit der Marmeladenseite nach oben landet. Es ist fast schon bewundernswert, wie man sich freiwillig in eine Situation begeben kann, die in etwa so stabil ist wie ein Kartenhaus im Windkanal.
Die „Pärchen“ (wenn man sie so nennen will) bestehen meist aus Menschen, die sich über Dating-Apps gefunden haben und ihre Beziehung wahrscheinlich intensiver per Instagram als im echten Leben führen. Doch nun soll diese tiefe Bindung, die mindestens drei Wochen alt ist, auf die ultimative Probe gestellt werden: ein Aufenthalt auf einer tropischen Insel, gespickt mit jeder Menge „Verführer“ und „Verführerinnen“. Diese Verführer sind, um es bildlich auszudrücken, der fleischgewordene Sugar-Crush des Beziehungslebens – knackig, süß und absolut ungesund.
Die Show: Ein Moralkompass mit Totalschaden
Aber was ist eigentlich der Sinn dieser Sendung? Tja, das fragt sich RTL wohl auch jedes Jahr aufs Neue. Offiziell soll *Temptation Island* Paaren helfen, die wahre Stärke ihrer Beziehung zu testen. Eine Idee, die in etwa so sinnvoll ist wie ein Feuerlöscher in der Sahara. Natürlich ist das eigentliche Ziel ein anderes: Möglichst viel Drama, Eifersuchtstränen und, wenn es gut läuft, ein paar wütende Ausraster einzufangen – schließlich lebt das Format von „Emotionen“, auch wenn diese in etwa so authentisch sind wie die Schweißperlen auf dem Körper eines Fitness-Influencers nach fünf Minuten Photoshooting.
Für die Zuschauer ist das Ganze eine Mischung aus Schadenfreude und reinem Voyeurismus. Man beobachtet, wie die Kandidaten sich gegenseitig belügen, betrügen und irgendwann daran scheitern, ihre wahren Gefühle zu verbergen. Das Ganze wird dann auch noch dramatisch untermalt von Musik, die eher in einen Actionfilm passen würde, während ein banaler Streit über das falsche Frühstücksei zum Endkampf hochstilisiert wird.
Voraussetzungen für die Teilnahme: Mut zur Blamage
Um als Kandidat bei "Temptation Island" infrage zu kommen, braucht man eigentlich nur drei Dinge: ein Mindestmaß an „Followern“ auf Instagram, die Bereitschaft, sein Privatleben für ein paar Wochen in die Hände von sensationshungrigen Produzenten zu legen, und vor allem: einen vertraglich abgesicherten Mangel an Selbstachtung. Letzteres ist entscheidend, denn wenn man am Ende mit dem öffentlichen Ruf eines Hütchenspielers dasteht, muss man schließlich auch irgendwie damit klarkommen.
Besonders gut kommt man an, wenn man sich vor der Kamera emotional in etwa so elegant wie ein Elefant im Porzellanladen verhält. Was man als Zuschauer oft vergisst: Die meisten Teilnehmer wissen ganz genau, dass ihre „Karriere“ als Reality-TV-Sternchen nur so lange dauert, wie ihr Drama-Quotient hoch genug ist. Deswegen gilt: mehr ist mehr. Mehr Tränen, mehr Wut, mehr Fremdschämen. Denn wie sagt man so schön? Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen – er wird ihm direkt in die Hände gespielt.
Der wahre Gewinner: Ein Toastbrot mit Selbstwertgefühl
Wer also sind die wahren Gewinner dieser Show? Sind es die Paare, die trotz aller Versuchungen zusammenbleiben? Wohl kaum. Es sind eher die Zuschauer, die sich am Ende der Staffel bestätigt fühlen, dass ihre eigenen Beziehungen vielleicht doch nicht so schlimm sind. Denn neben den emotionalen Großbaustellen auf "Temptation Island" wirkt die eigene Partnerschaft plötzlich wie ein lauschiger Sommerabend am See – friedlich, still und völlig unspektakulär.
In diesem Sinne bleibt nur zu sagen: Danke, RTL, für diesen kleinen Ausflug in die Welt der surrealen Beziehungsratgeber. Wir lernen daraus, dass es manchmal besser ist, einfach den Fernseher auszuschalten und stattdessen mit dem Partner in den Sonnenuntergang zu gehen. Oder, um es in der Sprache von "Temptation Island" zu sagen: Die wahre Versuchung liegt darin, der Realität zu entfliehen – und das, liebe Freunde, gelingt euch mit dieser Sendung besser als mit jeder anderen.
Foto: RTL, Frank J. Fastner